Mainstream in der Fotografie
Neulich meinte jemand zu mir … In der Fotografie ist es doch wie in der Musik, entweder du bist Mainstream und wirst bekannt, oder du machst etwas anderes und bleibst eventuell (lange) ein kleines Licht und unbekannt.
Irgendwie hat dieser Jemand auch recht. Ist es nicht wirklich so, dass viele Fotografen mit dem Strom der Zeit schwimmen, sich vom Mainstreambrei nähren und diesen doch auch gleichermaßen wieder füttern? Facebook ist da leider auch nicht ganz unschuldig dran. Kaum hat man sich eingeloggt, will mal gucken was „so abgeht“, schon sieht man massenweise Fotos und irgendwie ähneln sich alle, im Stil oder Look, im Bildaufbau und im weitesten Sinne auch vom Hintergrund. Es ist eben einfach zu gucken was andere machen, die viele Likes in den sozialen Netzwerken bekommen und dann dieses nachzuahmen. Es ist so schön einfach, selbst nicht großartig nachdenken zu müssen, einfach mit dem Strom der Zeit zu schwimmen, machen doch alle so … wirklich alle? Sind es nicht eher ALLE die man selbst kennt? Wie oft schaut man über den Tellerrand und guckt welche anderen Fotografen, Künstler und Musiker es gibt? Da sind wir wieder bei den Musikern, scheinen Fotografen und Musiker doch was gemeinsam zu haben.
Fotografie ist Kunst
Fotografie ist doch auch Kunst und Kunst hat doch was von Freiheit. Wo ist sie denn, die künstlerische Freiheit, wenn wir das machen was so mega viele sehen wollen und machen? Können wir Fotografen uns denn überhaupt noch frei entwickeln, unseren eigenen Weg gehen und unseren eigenen Stil finden?
Und in der Musik, ist es da nicht ähnlich? Durch die Konzertfotografie und Fotoshootings kenne ich einige Musiker und konnte mit ihnen auch über ihre Musik reden. Einen Song zu schreiben ist nicht mal schnell erledigt, ok diese ein-zwei-Sätze „Hits“ gehen schnell von der Hand, aber ein Text mit einer gewissen Tiefe und Aussage und dazu die passende Melodie, brauchen schon etwas Zeit. Die Musiker gehen mit Herzblut an ihre Musik, sie schreiben ihre Songs und entwickeln dazu die Musik. Es ist ein Prozess über mehrere Tage oder Wochen. Manch eine Band schließt sich dann sozusagen einige Tage im Studio ein, um so in aller Ruhe an ihren neuen Stücken arbeiten zu können. Ist ihr fertiges Werk – auf das jeder Musiker stolz ist – aufgenommen, gemixt und gemastert und vor allem anders als die überall zu hörende Musik, halt etwas ganz Besonderes und nicht so der Einheitsbrei, dann war es viel Arbeit und Zeit, für wenig Beachtung. Der Song kann dann noch so gut sein, gehört wird er kaum. In die Radios kommt er nicht, passt gerade nicht zur – in Dauerschleife – gespielten Musik. Als Single oder EP verkaufen ist teilweise auch schwer, besonders wenn Sänger oder die Band noch nicht so bekannt sind.
In der Fotografie ist es wirklich ähnlich. Man sitzt an einem Bild viele Stunden oder gar Tage, arbeitet eine Idee aus, shootet diese dann und bearbeitet anschließend das Bild. Vergisst dabei oft die Zeit, auch mal das Essen. Das Bild ist etwas ganz anderes geworden als das was man laufend sieht, es hebt sich ab und müsste doch einschlagen wie ’ne Bombe … müsste, wenn es da nicht die Sache mit dem heißhungrig konsumierten Einheitsbrei gäbe. Das Bild bekommt wenig Beachtung, es ist halt was anderes, passt nicht zu dem was man gerade überall sieht, ist vielleicht zu künstlerisch. Im „besten“ Fall wird über „ein zu viel an Retusche“ diskutiert. Wie kann man nur so viel retuschieren, das Natürliche des Models geht doch dann verloren. Ja wie kann man nur, aber echt mal! Bei der Retusche eines Bildes spielt doch das gesamte Bild eine Rolle, der Bildstil hat da auch immer ein Wörtchen mitzureden. Aber das ist ja so egal, man diskutiert das Bild, das wundervoll märchenhaft oder mystisch ist, dann lieber kaputt. Dies ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, dass es doch etwas ganz anderes als der Mainstreameinheitsbrei ist, sich ein Fotograf einfach mal Gedanken gemacht hat, wie ein Bild anders sein könnte, mit ihm vielleicht sogar eine kleine Geschichte erzählt, mit einem einzigen Bild, so wie es auch viele schöne Songs schaffen, die kaum einer kennt. Ist es denn so schwer Bilder zu erstellen, die eine Aussage haben, die mit dem Betrachter reden können, in denen Leben weilt, die eben nicht wie ein langweiliger ausdrucksloser Abklatsch von xyz wirken?
Er hatte wohl recht
Ja doch, dieser Jemand hatte was Wahres gesagt. In der Fotografie ist es wie in der Musik. Ich verstehe es ja auch nicht, aber aufgefallen ist es mir auch schon oft. Man möchte sich abheben von der Masse und macht dabei aber genau das, was die Masse macht. Man möchte etwas anderes hören, geht aber selten oder gar nicht zu den kleinen Clubkonzerten der unbekannteren Musiker. Warum? Liegt es wirklich nur daran, dass der Einheitsbrei – egal ob Fotografie oder Musik – so schön einfach ist? Ist es wirklich so schön Musik zu hören die von Schlechtwetterkleidung und Liebes-Herz-Schmerz erzählt, oder Musik bei der man nicht nachdenken muss, die sowas von einfach ist, dass in dem ganzen Text immer nur ein bis zwei Sätze wiederholt werden? Naja der Beat bummert, da fällt der sinnlose Text nicht weiter auf.
Ist es wirklich so schön sich immer wieder Bilder anzusehen, die sich irgendwie doch sehr ähneln, die einfach da sind und oft keine Aussage enthalten, denen das Leben fehlt?
Einfach ausbrechen
Ich für meinen Teil möchte Bilder erstellen die mit dem Betrachter reden können, die man sich länger als ein paar Sekunden anschaut und an die man sich auch Wochen später noch erinnern kann. Mit der Musik ist es nicht anders, ich möchte Musik hören die mich berührt, die mich auch mal zum Nachdenken anregt, die anders ist und sich vom – in meinen Ohren – überkonsumierten Mainstream(-brei) abhebt.
Meine Kunden buchen mich – zum Glück – weil sie meine Bilder mögen, ihnen meine Bildsprache, die Art zu fotografieren und Bilder zu bearbeiten gefallen. Das ist ein wirklich schönes Gefühl und bestärkt mich immer wieder, meinen gewählten Weg so auch weiter zu gehen. Anfangs hab ich auch geschaut und in den verschiedensten Gruppen auf Facebook meine Bilder gepostet, nur um ein paar Likes zu bekommen. Aber warum, so ein Like oder Daumen hoch ist doch nicht alles, kaufen kann ich mir davon wirklich nichts. Natürlich, ich hab etwas Werbung und durch Werbung bekomme ich neue Kunden. Nur nicht wirklich über Facebook, es sei denn ich bevorzuge Kunden die meine Arbeit mit ’nen Appel und ’n Ei wertschätzen wollen und dafür mag ich meine Arbeit nun wirklich nicht hergeben.
Wie siehst du das?
Wie siehst du das, passt du dich an oder gehst du tapfer deinen eigenen Weg, um dich in deiner Fotografie oder Musik frei entwickeln zu können? Schreib mir doch mal, wie du das so siehst und was deine Erfahrungen sind.
Fritz Kraus
Hallo Carmen,
ich bin kein leidenschaftlicher Fotograph aber ich mache manchmal Bilder. Manchmal fallen mir Gedichte ein. Was ich dazu sagen möchte. Hat alles seine Vor und Nachteile. Durch das social network werden Bilder, Musik usw. entwertet weil sie inflationiert werden. Begonnen hat das mit der digitalen Fotographie und mit mp3 usw. Ein Bild im Internet ist nichts originäres mehr . Deswegen stelle ich meine wenigen Gedichte nicht ein, denn wertvoll wird etwas erst wenn es rar ist. Youtube und co. sind Staubsauger die alles aufsaugen. Deshalb haben auch die Musiker Probleme mit ihren Verdienstmöglichkeiten und Lizenzen. Auf der anderen Seite ist das Internet meiner Meinung nach in erster Linie zum teilen und zum weiterverbreiten da. Professionelle Fotos sind dafür einfach zu schade und gute Musik auch. Jedoch um die Aufmerksamkeit zu wecken und um Fans und Zielgruppen zu erreichen ist das Social Network unschlagbar. Man muß sehr genau überlegen wie man welche Instrumente wofür nutzt.
Ein Fotograph ist ein Lichtmaler und seine Bilder vermitteln. Seine Fotos sind wie die eines Malers einzigartig. Das Problem ist das wir in einer total medialen Zeit leben in der die Kreativität, Fantasie und Poesie zu den schwindenden Arten gehört. Die Zerstörung der Vielfalt und die Dominanz der Einfalt werden wir nicht nur im Aussterben der Tierwelt und in den eintönigen Maisäckern sehen , sondern auch in der Verflachung der künstlerischen Prozesse. Ich freue mich über jedes nette Bild das ich liken kann und das mir zusagt und habe auch Spaß am teilen. Genauso nehme ich die individuellen Kunstwerke wahr und schätze sie in Kirchen und Museen und Ausstellungen.
Viele Grüße
Fritz
Carmen Lenk
Hallo Fritz,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich gebe dir recht, das Internet ist zum teilen und verbreiten da und man muss wirklich sehr genau abwägen was man einfach nur teilen möchte und was bewusst verbreitet werden soll, um so auch neue Kunden und Fans zu gewinnen.
Neben den Kirchen sind auch die alten Friedhöfe sehr interessant und man kann dort das ein oder andere Kunstwerk entdecken.
Viele Grüße,
Carmen
Petra Steinkamp
Hi, ich bin Petra aus Augsburg mich spricht das auch sehr an .Ich dagegen male und da ist es genauso. Ich habe in der letzten Zeit nur noch seichte, nette Bilder gemalt. Jetzt mache ich etwas zum Thema Licht und Schatten, besonders über Schatten zu malen über Dunkelheit, Schwarz etc. fällt mir sehr schwer, denn die Leute ( ausser in gewissen Kreisen) wollen das nicht sehen. Hatte vor ein paar Jahren mal ein Bild ausgestellt mit dem Titel „Virus“ es war nicht mal düster, aber ich bekam das Feedback, “ ich hätte das Bild gern gekauft, aber der Titel ist so negativ“. Leider lasse ich mich davon beeinflussen. Schliesslich möchte ich auch etwas verkaufen, aber im Moment versuche ich mich zu befreien. Ich habe selbst eben auch dunkle Seiten oder negativ oder extrem oder irgendwie strange wie auch immer man das nennen will. Ich glaube es ist wichtig sich selber zu akzeptieren und sich frei zu machen. Persönlich besuche ich sehr, sehr gerne kleine Independentkonzerte, weil ich einfach gute Musik liebe u die finde ich echt nur abseits vom Mainstream. Ich tausche mich echt gern über so etwas aus. Bin auf Facebook Petra Steinkamp schreibt mir gerne zu dem Thema
Carmen Lenk
Hallo Petra,
auch dir vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
Die Fotografie besteht eigentlich auch nur aus Licht und Schatten und dazu zu fotografieren finde ich gar nicht so schwer, oder stelle es mir nicht so schwer vor. Aber zu diesem Thema zu malen, also dass stelle ich mir schon etwas schwieriger vor.
Du hast recht, es ist nicht immer leicht wenn man etwas verkaufen will und „anders“ fotografiert oder malt. Gerade wenn es in die dunklere Richtung geht. Wir alle haben unsere hellen und dunklen Seiten und leben schon unser ganzes Leben damit, nur wollen wir die dunkle Seite nicht immer sehen.
Ja die kleinen Independkonzerte, ich war Ende September erst wieder auf eins. Kleiner gemütlicher Club, die Band musste krankheitsbedingt ohne Gitarristen auskommen und hat den Club trotzdem gerockt. Die Songs hörten sich etwas anders an, waren trotzdem schön und erreichten jeden einzelnen Gast im Raum. An so ein Konzert erinnert man sich dann gerne zurück, weil es eben anders war und wohl dadurch auch mehr berührte. Auf einer großen Bühne hätte es dieses Einmalige nicht gegeben, eine bekannte Band findet eben ganz schnell den einen Gig einen Ersatz. In der Malerei und Fotografie ist es ja nicht anders, ist ein Bild „anders“, dann redet man schon mal eher darüber und das Bild bleibt im Gedächtnis.
Ich wünsch dir viel Erfolg in der Malerei.
LG, Carmen
Hast du eine Facebookseite, auf der ich mal stöbern kann?